Rauhbein ist eine deutsche Folk-Rock-Band aus Velmeden in Hessen. Ihr Frontmann ist Sänger Henry M. Rauhbein, der die Gruppe im Jahre 2019 auf die Beine gestellt hat. Rauhbein hat innerhalb kürzester Zeit einen rasanten Aufstieg hingelegt, von dem viele Musiker nur träumen können. Da ist ihr Auftritt beim Wacken Festival nur eine kleine Episode in der bisherigen Band-Biographie. Im vergangenen Jahr brachte das Quintett mit "Herz eines Kriegers" das zweites Studioalbum auf den Markt, und das Dritte ist schon in der Pipeline. Bevor es aber soweit ist, geht die Kapelle erstmal wieder auf große Konzertreise. Aber nicht, bevor unser Kollege Stephan mit Henry M. Rauhbein über diese Tour, das eben erwähte dritte Album und viele andere Dinge plaudern konnte. In dem Gespräch der beiden bekamen wir tiefe Einblicke in den musikalischen Werdegang des Musikers, seine kreativen Prozesse und seine persönlichen Ansichten. Er klärt uns nicht nur über seinen besonderen Namen, die Beziehung zur Gruppe In Extremo und seine musikalischen Einflüsse auf, sondern auch über seine Sicht auf Dinge abseits der Band, wie z.B. sein Verhältnis zu Streamingdiensten. Hier gibt es die Antworten auf viele - teils noch nie gestellte Fragen - an ein "Rauhbein" ...
Hallo Henry, vielen Dank, dass Du Dir für das Interview Zeit nimmst.
Ja klar, entschuldige die zeitliche Verzögerung, aber jetzt kurz vor der Tour ist noch einiges zu regeln.
Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, wir sind ja froh, dass Du Dir vor der Tour Zeit dafür nimmst. Fangen wir einfach mal an ….
Hau raus...
Der Name Henry M. Rauhbein, ist das ein Künstlername oder ist das dein wirklicher Name?
Nein, das ist ein Künstlername, den ich mit Bedacht gewählt habe, damit mich - wenn ich in zwei Jahren in Rocker-Rente gehe - keiner mehr findet. Wenn man so eine Sache angeht, möchte man seinen Realnamen nicht irgendwo gleich raus posaunen und sucht sich was raus, was passt. Das hat natürlich eine ganze Zeit gedauert, bis ich den Namen Rauhbein an sich gefunden habe, weil ich natürlich einen deutschen Namen wollte, der prägnant ist, der einprägsam ist, der den Leuten im Kopf bleibt, der natürlich auch aussagt, was ich bin oder was die Combo ist. Und das war nicht ganz so leicht, weil man ja bei deutschen Namen auch immer so ein bisschen aufpassen muss, dass man da keine Namen wählt, die irgendwelche negativen Behaftungen haben. Und nach elendig langer Recherche bin ich dann auf Rauhbein gestoßen und wenn man Rauhbein googelt, kommt man auf einen alten deutschen Spielfilm mit Curd Jürgens, das Rauhbein von St. Pauli. Und Rodrigo Raubein … Das ist so eine Kinderfigur, der Ritter Rodrigo Raubein. Und tatsächlich dann noch die Definition, was Rauhbein bedeutet, kurz und knapp: raue Schale, weicher Kern. Und ja, da habe ich mir gesagt, das passt wie die Faust aufs Auge, weil die Musik, die wir machen, die ich mache, hat auch raue Töne, und mein Auftreten alleine spricht ja für sich. Aber wir haben eben auch ruhige, sehr emotionale und romantische Seiten, und die können wir per Definition auch nach außen tragen, was uns ganz gut gelingt, wie ich so feststellen muss. Ja, und Henry, der Vorname … ich bin tatsächlich sehr frankophil, also nicht nur ein Irland- sondern auch ein Frankreich-Liebhaber, und mein Großvater väterlicherseits, der nun leider schon sehr lange verstorben ist, hieß Heinrich. Da kam die Idee zu Henry. Das "M" steht dann tatsächlich für den Anfangsbuchstaben meines Realnamens, den ich natürlich nicht verrate, wenn ihr ihn noch nicht wisst.
Bist Du verheiratet und hast Du Kinder?
Ich bin liiert und habe Kinder.
Und wie bist du grundsätzlich zur Musik gekommen, beziehungsweise - nächste Frage gleich anschließend - welches war das erste Instrument, das du gespielt hast?
Ja, also zur Musik gekommen bin ich tatsächlich aus der Wiege heraus, weil mein lieber Vater seines Zeichens Musiker ist. Allerdings nicht professionell, sondern er war Tanzmugger. Und so ist der kleine Henry - ich glaube, ich war damals fünf - das erste Mal auf der großen Kirmesbühne gestanden. Da habe ich - ich glaube es war - "An der Nordseeküste" gesungen. Und das erste Instrument war dann tatsächlich eine Gitarre, eine klassische Gitarre. Und ja, da Papa ein großer Elvis-Fan ist, musste der Kleine natürlich auch mit Elvis anfangen.
Deine persönliche Lieblingsband? So, jetzt hau mal raus.
Boah, also welche Dekaden willst du denn wissen? Gut, wenn wir jetzt ganz vorne anfangen … Natürlich bin ich unfassbar durch Elvis beeinflusst und geprägt worden, ganz klar. Ja, klar. Ich war immer so ein sehr offener Musikhörer und dann auch Musiker. Ich stehe total auf die Blues Brothers - absolut geil. Alles aus diesem Kosmos, auf jeden Fall. Dann als Teenager war ich, und das bin ich nach wie vor, ein alter Metaller. Also ich habe in jungen Jahren, und heute noch, Slayer - das war meine Favorite-Band -, Sepultura und Metallica gehört. Das ist tatsächlich so. Ja, und dann kann ich einfach nur sagen, ich höre so ziemlich alles, was mir gefällt. Es gibt viele Produktionen. Ich habe zum Beispiel in den letzten Jahren Volbeat verfolgt. Die haben mir mit ihren frühen Alben, wo sie noch richtig rough waren, sehr gut gefallen. Finde ich nach wie vor gut. Ich bin auch ein Freund von deutscher Musik - da bin ich auch ganz ehrlich. Natürlich durch Papa und die ganzen alten Schlager und Gassenhauer geprägt. Ich bin ein großer Fan der großen alten Entertainer wie Udo Jürgens oder Peter Alexander zum Beispiel, auch Harald Juhnke war für mich ein ganz großer Entertainer. Ja, und dann kommt halt Irish Folk, und der zieht sich durch mein Leben. Ich fand ihn immer geil, habe immer Spaß daran gehabt. Mein Schwager hat seit über 30 Jahren eine Irish Folk Kapelle, bei der ich früher - wenn man so möchte - der Roadie war. So ist es eigentlich auch zum Projekt Rauhbein gekommen. Darum ging es: mich neu zu erfinden. Ich lästere schon seit Jahrzehnten über meinen Schwager und seine Combo, dass sie sich mal ein Schlagzeug mit Bassisten besorgen sollen, damit da auch ein bisschen Bums hinter kommt. Und das war dann die Kern- und Grundidee zu: "Okay, das wird jetzt Rauhbein".
Wie hat sich Rauhbein gegründet? Man kann ja überall lesen, du bist in ein Studio gegangen und hast dort irgendwelche Leute kennengelernt, z.B. Dennis Poschwatta, Louis Schaden und Godi Hilmann von Guano Apes. Wie kam das zustande? Man geht ja nicht in ein Studio und sagt, "Ich mach jetzt mal..."
Naja, wenn man so Sachen anfängt, dann zieht das ja seine Wellen. Das war ja zu einer Zeit, wo die Musikbranche im Arsch war, sprich zu Corona-Zeiten. Aber es ist so. Godi Hilmann und ich z.B. … Wir haben tatsächlich als wir - Boah, ich muss lügen, mit 14, 15, oder irgendwie sowas - mit unseren damaligen Bands in den gleichen Jugendzentren und Übungsräumen verkehrt und gespielt. Von da kennen wir uns, das ist eine Ewigkeit her. Und Poschi … als Teenager ist man ja selber auch auf Konzerte gegangen, und damals sind die Guano Apes - die auch noch sehr jung waren - gerade durchgestartet. Das haben wir natürlich so mit verfolgt und auch dementsprechend gefeatured und gefeiert. Und so hat man sich irgendwann kennengelernt. Wir sind ja alle sozusagen aus einer Ecke, wenn man so möchte. Und der Olli? Olli ist das deutsche Punk-Urgestein schlechthin. Der Bassist der Schröders. Olli ist tatsächlich so aus der Versenkung gekommen, wenn man so möchte. Da ging's bei uns mal darum, irgendwie ein Master oder einen Mix zu machen - ich weiß das gar nicht mehr so genau. Es ging auf jeden Fall um unsere erste Tour und wir haben Leute gesucht ... Und irgendwann rief Olli an und sagte, "Hier, die Scheiße hab ich gehört. Ne, da mach ich mit. Ja, alles klar." So waren wir zu dritt. Der vierte ist Justin. Er war tatsächlich einer meiner Studiomusiker. Jemanden zu finden, der was drauf hat, ist unfassbar schwierig. Also ich hatte ganz viele Geigen im Studio, z.B. war da ein Konzertmeister dabei, eine erste Geige, und jemand, der Bluegrass-Geiger war. Die waren zwar musikalisch top und technisch alle total toll, aber da hat halt so Soul gefehlt. Man hört ja auch, was jemand fühlt, der das gerade spielt. Da war halt keiner dabei. Nach vielem Ausprobieren sagte dann jemand, "Ich kenne noch einen, den laden wir jetzt mal ein. Der kommt irgendwo aus der Walachei und gibt Geigenunterricht." Ja, und dann haben wir Justin ins Studio eingeladen. Mehr oder weniger für ein Rehearsal, um eigentlich Studiosachen einzuspielen. Und dann hat er da vom Leder gezogen und zu allem, was wir da so hatten, vier Varianten rausgehauen. Und während er die Varianten spielte, hat er sie noch mit einem Stift an die Wand geschrieben, damit er sich merken kann, was er da spielt. Er hatte dabei immer noch mehr Feeling im kleinen Finger als alle zuvor. Ich dachte, "Wow, geil." Und als wir dann aus dem Studio in die Regie raus kamen, hab ich gesagt, "Egal, was du gerade machst und egal, was du vorher gemacht hast, du fährst auf jeden Fall dieses Jahr mit mir auf Tour." Und dann hat er mich angeschaut und gesagt, "Okay". Somit war auch Justin im Boot. Und unser Louis, also der jetzige Drummer, war schon früher connected mit Dennis. Dennis hatte ja auch ein Studio, die haben dort Aufnahmen zusammen gemacht. Und während Rauhbein zündete, zündete plötzlich auch die Karriere von den Guano Apes wieder. Dann hieß es plötzlich, "Ja scheiße jetzt! Wo soll ich spielen?" Diese Frage stellte sich natürlich für Dennis nicht und er sagt, "Ich hab da aber jemanden, den kannst du ungesehen mitnehmen." Das war der Louis.
Und irgendwann wird Dennis es bereuen ...
Nein, der bereut das nicht. Na klar, es gab ein lachendes und ein weinendes Auge, weil wir natürlich auch viel Spaß zusammen hatten. Aber Dennis ist bei uns nach wie vor sehr gerne gesehen. Wenn wir uns über den Weg laufen, haben wir sehr viel Spaß miteinander. Wir sehen uns ab und zu auch noch im Studio. Also das war kein - wie soll ich sagen - "Mucker durchtauschen, sondern wir sind wirklich befreundet, waren das auch vorher und werden es auch immer bleiben. Egal was passiert.
Und wie kam dann der Kontakt zu D'Artagnan?
Das war relativ einfach und kam über das Booking. Als es losgehen sollte, also als der Plattenvertrag eingetütet und die Produktion vom ersten Album vorangeschritten war, hieß es, "Wir müssen jetzt natürlich gucken, wie wir das Ganze auch auf die Straße bringen." Wir hatten über Nico nur einen einzigen Kontakt nach Bonn, zu Headline Concerts. Er sagte, "Ey Jungs, vom Wahnsinnsgrad passt ihr zusammen, also unterhaltet euch." Dann bin ich nach Bonn gefahren und habe mich mit Chrissi und Dirk zusammengesetzt und sofort gesagt, "Ja, alles klar. Komm, da brauchen wir gar nicht lange drüber reden, das passt." Dann war unser erster Aufschlag tatsächlich die Tour mit D'Artagnan. So haben wir uns kennengelernt und dann hieß es, "Komm her, lass uns ausprobieren und los geht's." Schließlich haben wir die 2021er Frühjahrstour und später noch die 2022er Herbsttour zusammen gemacht, und hatten viel Spaß dabei, was man ja auch sehen konnte. Wir hatten dadurch das große Glück, dass wir halt schon gleich recht groß anfangen durften. Was natürlich auch überhaupt nicht Gang und Gäbe ist für so eine nichtssagende Newcomer-Band wie uns.
Ja, genau. Also die nächste Frage steht gar nicht auf der Liste, die kommt mir jetzt gerade ganz spontan. Gibt's dann Bands, die neidisch sind, dass es bei Rauhbein so schnell funktioniert hat?
Also es gab keine persönlichen offenen Anfeindungen auf der Tour. Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass ich so ein dicker Mann bin. Aber nee, nee … das gibt's nicht. Es gibt höchstens so Sachen wie, "Hey, wir versuchen euch mal hier hin zu buchen und da hin zu buchen", und dann kriegst du dann doch eine Absage, weil die am Ende sagen, "Oh nee, die sind aber ein bisschen wüst." Wir sind halt schwer einzuordnen. Wir haben das große Glück, dass wir irgendwo auf Mittelalter Märkten, aber auch auf dem Rockharz und bei Wacken, nachmittags auf den 20.000er und 50.000er Bühnen spielen können. Das ist sicherlich schwer zu begreifen, dass das einer Band in den ersten anderthalb Jahren ihres Bestehens passiert. Aber ich kann nur sagen, wir haben das nicht mit Geld geschafft, wir haben uns nirgendwo rein gekauft. Weil Geld haben wir nämlich keins. Das ist wirklich passiert, weil wir einfach so sind, wie wir sind. Und wir sind so aufgetreten, wie wir sind. Wir haben weder einen Blatt vor den Mund genommen, noch haben wir irgendwo irgendwie großen Kuschelkurs anlegen müssen. Und geschweige denn wollen. Wir haben einfach so rausgehauen und hatten das Glück, dass uns die richtigen Leute im richtigen Moment gesehen haben. Und ja, das hat dazu geführt, dass wir in unserer kurzen Bandvita schon so viele Meilensteine abhaken durften.
Inwieweit hatte denn jetzt wirklich In Extremo Einfluss gehabt? Haben die dich auch ein bisschen gesteuert?
Die haben das nicht gesteuert. Wir haben uns kennengelernt, als es hieß, bei InEx ist eine Band ausgefallen. Könnt ihr morgen spielen? Und ich habe gesagt, "Na klar können wir morgen spielen." Und dann sind wir auf die Festung Ehrenbreitstein gefahren, ans Deutsche Eck. Da waren 6.000 Leute. Und wir kommen nach hinten in den Backstage-Bereich und da sitzen In Extremo, die wir vorher - ich schwöre es Stein und Bein - nie zuvor gesehen hatten. Also natürlich weiß man, wer ein Michael Rhein ist. Natürlich weiß man, wer In Extremo ist. Gar keine Frage. Und man geht da natürlich mit der nötigen Ehrfurcht und auch mit einem kleinen Wolf in der Hose rein. Dann gab es ein Wort mit "Hallo, wir sind..." - das hat so gerumpelt auf Ehrenbreitstein. Die haben sich unsere Shows angeguckt, wir haben uns ihre Shows angeguckt. Also wir wussten, dass die gut sind, die wussten, nachdem wir gespielt haben, dass wir gut sind. So haben wir uns einfach sofort ineinander verliebt, und zwar wir Musiker und auch die Crew ineinander, und alles ringsherum. Ja, das gibt es so - glaube ich - auch nur einmal in Millionen Fällen. Das bekam so seine Eigendynamik. Micha und ich, wir sind nicht weit voneinander aufgewachsen. Er auf der einen Seite der Mauer, ich auf der anderen Seite der Mauer. Wir hatten sofort Gesprächsstoff. Ach, da gibt es so viele Parallelen, und musikalisch sowieso. Also die Jungs sind einfach geil. Die sind authentisch, da ist nichts aufgesetzt. Die haben mit nichts angefangen und sind dahin gekommen, wo sie hingekommen sind. Im Prinzip haben wir das auch gemacht. Nur bei uns geht es halt sehr schnell und die haben halt ihr ganzes Musikerleben da rein gesteckt. Auf jeden Fall hat man sich sofort kennen und lieben gelernt. So kam es dann auch, dass Micha irgendwann anrief und sagte, "Alter, lass uns doch mal einen Song machen. Du machst doch ein zweites Album, was brauchst du?" - "Egal, keine Ahnung, hau mal raus, was hast du denn für eine Idee?" Und meine Idee war, "Ey, lass uns doch mal sowas machen wie, ‚So Strolche wie wir'." Das war so mein Ansatz. "Ok, lass uns ‚Typen wie wir' draus machen", und dann haben Micha und ich am Telefon innerhalb von - keine Ahnung - drei Zigaretten und zwei Kaffee den Text dazu geschrieben. Drei Tage später haben wir uns im Studio getroffen und den Song "Typen wie wir" rausgehauen.
Also ich höre den Song immer wieder gerne, das ist einer meiner Lieblingssongs, muss ich ganz ehrlich sagen. Weil der persönliche Bezug zu In Extremo bei mir gegeben ist. Ich kenne sie noch von den Mittelaltermärkten, aus den jungen Zeiten. Wir hatten letzte Woche auch mit Kai gesprochen, der uns eingeladen hat für Monomann.
Ja, aber dann weißt Du ja ganz genau, was das für Menschen sind. Also die Frage stellt sich da nicht. Da wird nichts gelenkt und da wird auch nichts irgendwie künstlich hergestellt. Ich kann nur sagen, von meiner Warte aus, von meiner persönlichen Warte aus, von der Warte der Band aus, sind wir unfassbare Glückspilze, dass wir uns so kennen und lieben gelernt haben. Ich weiß, dass ich das mein ganzes Leben lang nie wieder gut machen kann, was die Jungs jetzt für uns machen. Dass die uns einfach einsammeln und sagen, "Ey, los kommt mit. Wir machen was Geiles draus. Ihr wollt ne große Tour fahren? Mitkommen. Wir wollen einen Song zusammen machen? Mitkommen." Ich werde ihnen mein Leben lang dafür ewig dankbar sein. In dem Wissen, dass ich das nie wieder gut machen kann. Aber es fühlt sich überhaupt nicht so an, als würde da überhaupt irgendeine Schuld aufgebaut, sondern das ist einfach so, wie es ist. Wir haben Bock aufeinander, wir machen miteinander, wir haben Spaß miteinander. Wir touren zusammen und haben Bock drauf. Und es passt. Echt, das hat null Business für uns.
Wer schreibt bei euch die Texte, also die Songs?
Die ersten beiden Alben waren mehr oder weniger Produzentenalben. Also ich und noch zwei Produzenten. Beim ersten Album war mein guter Freund Gudze von H-Blockx mit dabei. Der hat da mitgeschrieben und das erste Album auch mit produziert. Und die ersten beiden Alben waren mehr oder weniger so ein Stiefkind, was so schnell nebenbei erledigt werden musste. Wir hatten ja keine Zeit für sowas, weil wir ja die ganze Zeit auf der Straße waren. Das war ja wirklich so, denn die ersten anderthalb Jahre waren wir ununterbrochen unterwegs. Jetzt haben wir gesagt, "Nun packen wir das, was an Energie auf der Bühne ist, in Album Nummer drei." Das ist der Grund, warum Album Nummer drei kein Produzentenalbum, sondern tatsächlich das Album sein wird, das die Band schreibt und die Band produziert. Godi Hildmann ist ein Wahnsinnsproducer, Oli Schmidt ist ein Wahnsinnsproducer und Wahnsinnsmusiker. Und Justin ist ein geisteskranker Geiger. Das kann man gar nicht so in Worte fassen. Der Typ ist klassisch ausgebildet. Der hat echt in großen Hallen mit großen Leuten, mit echten Größen gespielt. Damit meine ich jetzt klassische Größen. Und dieses Potenzial musste einfach genutzt werden. Das ist einfach so. Deswegen können alle sehr gespannt sein auf Album Nummer drei.
Kannst du schon verraten, wann es kommt?
Ich kann noch keinen Zeitpunkt sagen. Ich kann nur sagen, es liegt so ein bisschen daran, wie wir es jetzt geschissen kriegen, denn in drei Wochen geht es mit den Konzerten wieder los. Ich glaube, wir spielen dieses Jahr noch mehr Shows, als wir letztes Jahr gespielt haben. Letztes Jahr waren es irgendwie 70 oder 80, oder sowas. Keine Ahnung.
Nach der Tour geht es dann mit den Festivals weiter...
Nach der Tour geht es mit den Festivals voll weiter und nach den Festivals geht es mit der InEx-Tour weiter. Das reißt nicht ab. Das ist auch gut so. Da will ich mich auch gar nicht drüber beschweren. Ganz im Gegenteil. Da freue ich mich sehr drüber. Was aber heißt, wir müssen echt gucken, wie wir es mit dem Album hinkriegen. Das Ziel ist dieses Jahr. Vielleicht ganz am Ende des Jahres.
Sozusagen ein Weihnachtsalbum?
Ja, zum Beispiel. Wer weiß.
Was mich auch persönlich gefreut hat ist die Information, die ich letzte oder vorletzte Woche bekommen habe, nämlich dass ihr demnächst auch mit Schandmaul spielen werdet.
Wir spielen mit Schandmaul auf jeden Fall das Folkfield-Festival. Ich weiß nicht, ob das die erste Auflage vom Folkfield-Festival war, aber ich glaube schon, dass wir da auch schon dort gespielt haben. Und zwar als absolute Lückenfüller.
Noch eine Anekdote zwischendrin ... Wir waren letztes Jahr bei den Eisheiligen Nächten in Dresden gebucht. Das Indoor Festival von Subway to Sally ... Da standen wir draußen, haben brav gewartet, dass wir rein durften. Hinter uns unterhielten sich dann irgendwelche Leute und die haben da ein paar Mittelaltergrößen aufgezählt: In Extremo, Schandmaul, Subway to Sally ... und eben auch Rauhbein zwischendrin. Alle in einem gleichem Atemzug, im gleichen Satz...
Wahnsinn...
Wahnsinn, genau. Und ich kriege jetzt schon wieder die Gänsehaut, ohne Scheiß, wie ich das damals mitbekommen habe.
Das darf doch wohl nicht wahr sein, im gleichen Atemzug wird jetzt Rauhbein genannt. Ja, absolut krass. Absolut krass, nach anderthalb Jahren im gleichen Satz genannt zu werden. Die Größen, meine Fresse. So fühlt sich das gar nicht an. Naja, ich meine, für uns ist das absolut nicht begreifbar, was da passiert ist. Weil das weder Kalkül war, noch war das irgendwie geplant oder sonst irgendwas. Natürlich hat man das so professionell wie möglich versucht anzugehen. Mit einer Booking-Agentur, mit einem Management, mit einem Album, was eben nicht irgendwo im Keller zusammengeschustert wurde. Gar keine Frage. Aber dieser Erfolg, der da stattgefunden hat, der hat meines Erachtens deswegen stattgefunden, weil wir einfach live überzeugen konnten. Weil wir das Glück hatten, vor so vielen Leuten im ersten Jahr auch schon spielen zu dürfen. Ich meine, man kann jetzt sagen, was man will. Ich bin der Letzte, der irgendwie überheblich klingen will, aber wir hatten im ersten Jahr Wacken. Und wir hatten im ersten Jahr die MPS Festivals. Und wir hatten im ersten Jahr das Walhalla. Und wir hatten im ersten Jahr eine Tour, und so weiter, und so weiter. Ich meine, wer hat das schon? Niemand. Das ist einfach pures Glück.
Normalerweise glaubt das keiner, das es so passieren kann.
Ne, das glaubt ja auch keiner. Was die Leute von außen natürlich immer sehen, ist irgendwo die Kohle. Da ist irgendeiner, der pumpt da Millionen rein und deswegen funktioniert das. Ja, ne, nicht wirklich. Weil wenn da einer wäre, dann hätten wir schon Fernsehwerbung und all so eine Scheiße. Ja, das ist einfach … ohne vermessen und überheblich klingen zu wollen: wir haben einfach geliefert. Wir sind eine Combo von Leuten, die Bock drauf haben, die authentisch sind und die auch was können. Das kann ich von meinen Mitspielern schon mal behaupten. Ohne mich da selbst loben zu wollen, aber das ist das, was überzeugt hat. Und das ist meines Erachtens der Grund, warum Rauhbein so gut funktioniert in den ersten Jahren.
Ich komme nochmal kurz zurück auf Konzerte. Gibt es bestimmte Rituale, die du oder die Band einhalten? Oder geht man einfach raus auf die Stage und sagt, "Wir machen das jetzt"?
Also wir stehen immer im Kreis zusammen und legen die Hände übereinander, und jeder darf mal was sagen. Und da kommen manchmal die wildesten Sachen raus. Wacken Stage z.B.: Die Bude war voll, weil da standen 50.000 Leute vor der Bühne. Da haben wir dann sowas gesagt wie, "Ey Jungs, bitte keiner heult, keiner kotzt und keiner macht sich voll auf der Bühne. Alles klar, Rauhbein auf drei und dann raus und loslegen."
Wie schauts mit Lampenfieber aus?
Das haben wir auch, aber immer so ganz kurz davor. Also mir geht das jedenfalls so. Ich bin eigentlich echt eine ziemlich entspannte Sau und es gibt auch nicht viel, was mich aus der Bahn wirft. Aber so die zwei Minuten davor … Ach, das muss auch sein. Also wenn der Motor nicht anspringt, kannst du eben auch nicht fahren, das ist halt so. Und ja, das ist schon viel aufregender, wenn man versucht, das hinterher mal so sacken zu lassen. Also unsere Katrin hat - und damit geht es jetzt in 2024 weiter - dieses Reel für Instagram gemacht. Das habt ihr vielleicht gesehen?
Ja, haben wir gesehen.
Wo zum Beispiel bei Rockharz nachmittags um eins der ganze Platz voll war. Das habe ich da zum ersten Mal gesehen. Auf der Bühne habe ich das gar nicht so mitgeschnitten. Als ich das Reel das erste Mal gesehen habe, habe ich mir gedacht, "Ach du Scheiße, was war das denn? Waren die wegen mir da? Irre!" Und dann gibst du da zwei Stunden Autogramme und da stehen tausend Leute, die deine Fratzen sehen wollen - auch total irre. Genauso auf TikTok. Dort hatten wir dieses "noch ein Bier von Wacken", weil ich Blödmann auf der Bühne ja immer Dosenbier trinke. Und dann fangen solche Sachen an, wie "noch ein Bier und ex und ex", und so ein Scheiß. Das habe ich auf TikTok gesehen und dachte mir, "Fuck Alter, da waren 50.000, die dich angeschrien haben. Und du hast es einfach geschafft, du hast ein Bier getrunken."
Ja, krass. Da kommen wir eigentlich schon zur nächsten Frage. Was war Dein bedeutendster Moment, also auf der Bühne, neben der Bühne, an den Du Dich erinnerst.
Das war alles geil. Ja, das war wirklich alles geil. Klar hast du so Sachen wie Rockharz, nachmittags um eins. Vor dir nicht viel los auf dem Platz, du fängst an zu spielen, plötzlich ist die Bude voll. Geil. Klar hast du die größte Menge, vor der du hier aufgetreten bist. Wahnsinn. Aber das ist genauso in Hamburg, Markthalle. Ich meine, du warst dabei. Scheiße, was hat da der Bär gesteppt? Wahnsinn. Natürlich sind da auch so Sachen wie auf Ehrenbreitstein. Du kommst auf eine Bühne in deiner ersten, zweiten Woche als Band, spielst vor In Extremo und vor 6.000 Leute. Dort schaffst du es, dass die mitsingen. Auch so eine dieser unvergesslichen Sachen. Wir haben natürlich Elemente, Melodien, die ins Ohr gehen. Elemente, die man schnell mitmachen kann. Und das Geile ist, die Leute machen mit. Ach, fuck, das hättest du jetzt so auch nicht gedacht. Ja, irre. Einfach irre.
Mal was anderes ... Wie stehst Du zu Thema Musik-Streamingdienste und Vergütung?
Ja, schwierig. Grundsätzlich sage ich immer, man sollte für gute Arbeit gut bezahlt werden. Das ist ja bei Streamingdiensten nicht der Fall. Da ich noch nicht so lange in dieser Musikindustrie verweile ... Ich bin für eine faire Bezahlung, gar keine Frage. Ich bin in den 70ern geboren und mir sind solche Sachen wie Instagram und dieser ganze Scheiß … naja, das ist für mich als Mann mittleren Alters schon so ein bisschen abstrus. Man kann natürlich den Fortschritt auch nicht aufhalten, und man kann über solche Sachen auch denken, was man will. Es ist einfach die Realität. Ich meine, als damals Metallica durchgedreht sind, weil Napster ihre Musik kostenlos zur Verfügung gestellt hat, das kann ich schon verstehen. Dass da auch heute noch irgendwie ein Ungleichgewicht herrscht, ganz klar. Aber dafür brauchst du keine Brille um festzustellen, dass das irgendwie nicht ganz fair ist. Da kannst Du aber die ganze Industrie nehmen. Es gab da wahrscheinlich immer irgendwie ein Ungleichgewicht ... Guck mal, überleg Dir mal, Rauhbein hätte das durchgezogen, was wir jetzt durchziehen, aber schon in den 80ern. Irish Folk gab es früher auch und deutsche Rockmusik gab es früher ebenso. Also nehmen wir mal an, es hätte funktioniert und wir hätten damals das gehabt, was wir jetzt an Hörern beim Streaming in den letzten zwölf Monaten hatten. Das waren so knapp acht Millionen. Hätten wir das damals im Radio, im Fernsehen oder als Käufer unserer Musikkassetten, CDs und Schallplatten gehabt, würden wir heute nicht hier reden. Da würde ich wahrscheinlich irgendwo in der Karibik sitzen und mich an irgendwelchen Cocktails tot saufen. Also ja klar, man kann sich hinstellen und meckern. Ich würde jetzt aber auf allerhöchstem Niveau wettern, weil unsere Karriere echt tierisch durch die Decke geht. Und ich habe vorher nicht professionell Musik gemacht. Meine Bandjungs zwar schon, die waren aber alle in einer anderen Größenordnung unterwegs, wo es trotzdem funktioniert hat. Ich weiß es nicht, man kann die Zeit halt nicht zurückdrehen, das ist so. Streaming ist nun mal erfunden, genauso wie Facebook erfunden wurde. Genauso wie sich haptische Tonträger abschaffen. Irgendwo hat das alles seine Vor- und Nachteile. Verschmutzt halt die Umwelt nicht mehr so, mit dem Plastik-Scheiß, könnte man jetzt sagen. Auf der anderen Seite müsste ich aber sagen, es wäre schon schön, wenn wir noch ein paar CDs pressen würden. In meiner Jugend gab es noch keine Musikkassetten. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da gab es nur Schallplatten, das ist so. Wenn du diesen Wahnsinn mit der Entwicklung von damals, als es noch Shortplay-Vinyls gab, bis heute, wo alles zu jeder Zeit digital verfügbar ist, reinpfeifst, ist das eigentlich schon unglaublich genug. Dass da immer mehr auf der Strecke bleibt, ist leider viel zu normal geworden. Keine Ahnung, wie das ausgeht. Ich verstehe durchaus, dass es Leute gibt, die sich dagegen wehren, weil sie davon leben müssen. Verstehe ich total. Und ja, ich sage es gerne nochmal: für gute Arbeit sollte man auch gut bezahlt werden. Wenn man ein guter Entertainer ist, finde ich, hat man auch eine gute Gage, eine gute Entlohnung verdient.
OK, danke für Deine Meinung dazu. Reist ihr mittlerweile, also bei der nächsten Tour, gemeinsam mit dem Tourbus durch die Gegend oder mit eigenen PKWs immer noch im Konvoi?
Also wir haben tatsächlich einen langen Sprinter mit viel Ladefläche und einen großen Anhänger. Da haben wir uns letztes Jahr den Rücken drin verrenkt, und darin werden wir uns dieses Jahr den Rücken noch viel mehr verrenken. Mit ein bisschen Glück, und es sieht ganz so aus, können wir nächstes Jahr in etwas bequemeren Nightlinern reisen. Das wäre für uns alte Säcke schon ein echter medizinischer Fortschritt, sage ich mal. Wir sind auch da total bodenständig und pragmatisch. Es gibt niemanden, der uns irgendwie groß Kohle in den Arsch schiebt. Und wir sind auch keine Millionäre, die das hier nur als Spaß machen, sondern wir machen das aus Überzeugung. Wenn Du Dir jetzt die Spritpreise anguckst … Egal, dann hol Dir noch ein Angebot für einen Nightliner rein und dann weißt Du, was der am Tag kostet. Dann weißt Du aber auch, dass so eine Tour durch die 500er Clubs, die wir jetzt machen, auch keinen Nightliner finanzieren kann. Punkt. So einfach ist das. Wenn es etwas schmal ist, bezahle ich den Nightliner auch gerne, weil ich mir dann meinen Rücken schone und für diese Dienstleistung sehr gerne dieses Geld ausgebe.
Wie ist denn das mittlerweile? Kannst Du Dich privat noch ungestört auf der Straße bewegen?
Ne, gar nicht. Ich habe den Wahnsinn gewagt, hatte Rosenmontag frei und bin zum Umzug in meinem Nachbarort gefahren. War eine Scheißidee. Also keine Scheißidee, nicht falsch verstehen, ne? Du freust Dich natürlich … klar freust Du Dich. Leute erkennen dich, Leute wollen ein Foto machen, Leute wollen mit Dir quatschen und so. Aber ich bin deshalb nicht zum Feiern gekommen. Ich komme vom Dorf, da ist das sowieso nochmal was ganz anderes. Ja, aber unerkannt ist hier zu Hause schon sehr, sehr unwahrscheinlich. Tatsächlich passiert das jetzt auch schon in weiterer Umgebung das eine oder andere Mal. Naja, so ist ja das.
Ist das nicht total nervig?
Ich finde auch ganz ehrlich, dass das dazu gehört. Das sucht man sich mit aus. Ich nehme das auch mit Humor und auch mit Fassung. Man muss da ganz klar Grenzen setzen, das kann man ja auch. Man kann ja sagen, wir suchen gerne den Kontakt zu den Leuten, weil es einfach großen Spaß macht. Wenn wir irgendwo spielen kannst du garantiert davon ausgehen, dass Du uns hinterher wenigstens eine Stunde oder länger am Merch triffst, weil wir einfach gerne mit den Leuten zusammen sind. Ich sehe das auch so ein bisschen als Musiker, dass das auch ein Stück weit meine Aufgabe ist. Da muss man auch den Leuten mal zuhören, was die Dir für ein Feedback geben. Ja, und wir werden da in sehr, sehr naher Zukunft auch ein Projekt aus der Band heraus starten, wo man ganz klar erkennen kann, dass wir auf jeden Fall ein absolutes Gespür dafür haben, was draußen passiert. Dazu möchte ich jetzt noch nicht so viel verraten, das wirst Du dann tatsächlich auf Social Media sehen. Aber soviel sei gesagt: Wir starten ein Projekt, wo wir uns als Künstler ganz gezielt damit beschäftigen, was denn mit den Leuten um uns rum und vor allem mit den Leuten, denen es nicht so gut geht wie uns, passiert. Soviel dazu.
Da bin ich aber neugierig...
Ja, du darfst gerne einfach wieder über Katrin (Management, Anm. d. Verf.) auf uns zurückkommen, wenn der - wie sagt man so schön - Ballon geplatzt ist.
Okay, machen wir. Was machst du nach einem Gig, um runterzukommen? In Hamburg habe ich dich kennengelernt, da warst Du unmittelbar nach dem Auftritt beim Merch-Stand und hast noch da gestanden und jede Frage beantwortet und Fotos mit Dir machen lassen.
Ja, das ist tatsächlich so. Also ich will jetzt nicht sagen, das ist mein Job, denn das würde sich doof anfühlen, weil ich das tatsächlich auch total genieße. Also ich persönlich finde, es gehört irgendwo dazu. Ja, irgendwann und ab einer gewissen Größenordnung wird das wahrscheinlich auch nicht mehr gehen. Okay, ob wir da hinkommen … keine Ahnung, ist mir auch egal. Ich werde aber auch dann hinterher noch mein Kippchen rauchen und fleißig meinen Flüssigkeitshaushalt wieder in Waage bringen. Und wenn da Leute daneben stehen, die gerne mit mir quatschen wollen, dann ist das für mich total toll. Wenn man jetzt kein totaler Vollassi ist, ist das ja auch spannend, Leute kennenzulernen. Klar, ehrlicherweise hörst du einfach auch Geschichten, die nicht schön sind, aber das gehört dann irgendwo auch dazu. Das ist genau das, was wir zum Beispiel mit diesem Projekt, was wir jetzt starten, aufgreifen wollen. Also wir hatten echt schon total tolle Sachen, Fangeschenke, wo ich gedacht habe, "Man Leute, das kann doch wohl nicht wahr sein", z.B. so ein 60x60 gestricktes Kissen mit unserem Logo drauf. Aber es gibt eben auch Sachen, da kriegst Du ein Foto von einem Fan - von einer jungen Frau, mit mir und ihrem Mann vor der Bühne, hoch die Tassen, hin und her - und die schreibt Dir dann, "Ey, das war unser letztes gemeinsames Konzert zusammen. Er ist einer schweren Krankheit erlegen, ich wollte nochmal Danke sagen, dass du dir Zeit genommen hast, mit uns zu quatschen und das Foto zu machen. Das war total toll von Dir", und wo Du dann zu Hause sitzt und Dir kommen die Tränen. Du denkst Dir dann, "Fuck Alter, was ist denn das jetzt?" Das passiert eben auch. Es ist das wahre Leben. Und im wahren Leben finden wir statt. Das ist so. Das merkt man an dem, was wir verarbeiten, ob textlich oder auf der Bühne, oder wie auch immer. Wir sind einfach nur Teil des normalen Lebens. Wir sehen uns nicht als was Besonderes oder Besseres, aber wir sehen uns auch nicht als irgendetwas Schlechteres. Wir sind, wer wir sind. Keine Ahnung, wann gibst Du schon mal ein Interview, das anderthalb Stunden dauert? Ich mache es ja auch nicht so oft. Das sind dann meistens vier, fünf Fragen und jetzt muss ich aber auch wieder weg. Ich habe jetzt heute Zeit und ich fahre noch Ewigkeiten nach Hause. Wir quatschen jetzt wahrscheinlich schon seit einer Stunde oder so. Doch, das ist egal, weil es okay ist. Wenn es passt, ist es einfach okay.
Freut mich, wenn es passt.. Es macht mir auch unheimlich viel Spass, ist ja eher auch ein lockeres Gespräch geworden... Ich habe dich bei Facebook Beitrag mit Huskies gesehen. Warst Du da im Urlaub?
Nein, es war leider kein Urlaub. Obwohl da, wo wir gedreht haben, wäre ich gerne noch ein bisschen geblieben. Ich stehe auf Schnee. Wir werden sehr zeitnah die neue Hymne der Kassel Huskies, die Rauhbein geschrieben hat, veröffentlichen. Und zwar noch vor den Playoffs, die ja schon sehr bald sind. Ja, Kassel Huskies, mein Verein. Da bin ich als Kind schon hingelatscht. Erst mit Mama und Papa und dann mit den Kumpels. Ich bin ein großer Fan. Schon immer gewesen. So hat sich das dann irgendwann nach dem ersten Wacken entwickelt … Wir standen auf der Stage, haben gespielt, sind abgegangen, haben richtig Gas gegeben und plötzlich so mitten in der dritten, vierten Reihe wird so eine Huskies-Fahne aufgerollt. Die Fahne wurde so hoch gehalten und ich sah die Huskies-Schweine. Ich so, "Geil!", und nach dem Song, "Ey, ihr geilen Schweine, seid aus Kassel hier auf Wacken? Wie geil ist das denn?" Auf einmal machen die die Fahne runter und dann sind das die ganzen alten Fressen, mit denen ich damals zusammen auf dem Heuboden gestanden habe. Das hat den Papa natürlich wieder total fertig gemacht, vielen Dank dafür. Danach haben wir uns natürlich getroffen, haben gequatscht und unter anderem war da Basti dabei. Basti Vaupel, der Fanbeauftragte von den Huskies. Der sagte, "Ey, jetzt mal ohne Scheiß … Willst Du nicht mal eine Hymne für uns schreiben?" - "Ja, ja, natürlich will ich, aber wie soll denn das gehen?" Ich meine, das ist DEL 2 … das ist mit Management … das sind Profis. Er sagt, "Ne, komm her, ich frag einfach mal ganz stumpf nach." Das hat Basti dann auch gemacht, Paul Sinizin, den Inhaber der Huskies, gefragt und der sagte, "Ja klar, dann müssen wir uns mal auf ein Bier treffen." Kurz darauf bin ich zum Spiel gegangen und dort ist mir dann mehr oder weniger das gleiche passiert, was mir mit den InEx-Jungs passiert ist. Paul Sinizin sagte, "ja, das ist ja geil, mach mal. Schreib mal einen Song." Also hab ich mich mit den Jungs ins Studio gesetzt und wir haben die Hymne geschrieben. Das ist auch gar nicht so lange her und jetzt wird sie veröffentlicht. Wir haben dazu ein geiles Musikvideo gedreht, sowohl in der Halle als auch im Schnee mit Schlittenhunden, also mit Huskies, die Du da auf dem Foto gesehen hast. Das sind so Sidekicks, die passieren, wenn man Spaß an dem hat, was man macht.
Also ich sag jetzt mal, wo Deine Kassel-Kumpels bei Wacken waren, ist ja eigentlich dein schönster Moment gewesen?
Ja, komm … Das war auf jeden Fall einer der echten Gänsehaut-Momente. Ja, da ist halt viel zusammen gekommen, also meine alte Eishockey-Leidenschaft und die Tatsache, dass dann auch noch die Fratzen dabei waren, die ich von früher kannte. Dann in diesem Umfeld Wacken und dann auch noch on top, jetzt haben wir die Hymne gemacht für meinen Verein … Geil!
Wen würdest du gerne mal supporten wollen und wen hättest du gerne mal als Support?
Große Wünsche, was das angeht, kann ich eigentlich schon gar nicht mehr äußern. Also wir haben eigentlich schon mit denen, die ich geil finde - ich rede jetzt nur von mir -, zusammen gespielt. Wir haben Walhalla mit Guardian gespielt, Blind Guardian oder mit InEx. Na klar, das sind Größen, das sind echte Größen. Und ja, keine Ahnung, ich könnte jetzt hingehen und sagen, "International würde ich gerne mal vor Metallica spielen." Ja, wer will das nicht? Das wollen sie alle. Ne, aber prinzipiell, sag ich mal, sind wir da erstmal äußerst zufrieden mit dem, was so passiert ist bisher. Und wir sind da auch in keinster Weise gierig, also wir sind nichtsdestotrotz offen für das, was da kommen mag. Wir spielen zum Beispiel auf dem 35-Jahre-Jubiläum von den Schröders, da ja Oli einer der Schröders ist. Wir spielen mit den Schröders zusammen, das wird bestimmt ein ganz, ganz, ganz witziger Abend. Ein sehr witziger Abend. Tja, wen hätten wir gerne als Support? Wir haben jetzt Haggefugg als Support. Und mit den Jungs haben wir uns auch, bevor die Tour losgeht, getroffen und einen sehr feuchtfröhlichen Abend miteinander verbracht. Dabei haben wir festgestellt, dass wir extrem gut zueinander passen, dass wir echt viel Spaß haben werden auf der Tour. Das steht schon mal fest. Micha Rhein hat mal gesagt, "Irgendwann spielen wir Support bei euch." Ich habe gesagt, "Ja, jetzt kriegst du aber keine Gage."
Du, Henry, vielen Dank für das Interview und deine Zeit, echt geil gewesen. Wir sehen uns dann am 21.03. in Dresden...
Ja, auf jeden Fall, habe vielen Dank für euren Support...
Interview: Stephan Sieger
Bearbeitung: Christian Reder
Fotos: Pressematerial Rauhbein, Stephan Sieger
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