Am 9. März 2024 brachen wir zur WoTuFa (Wolltuchfabrik) in Neustadt an der Orla auf, gespannt auf das Konzert von Osaka Rising und Monomann. Neustadt an der Orla, eine malerische Kleinstadt im Saale-Orla-Kreis im Osten Thüringens, ist bekannt für ihre kulturellen Schätze, darunter die Stadtkirche St. Johannis, die historischen Fleischbänke und eine Klosterkirche. Aufgrund von Verspätungen bei der Deutschen Bahn erreichten wir den Ort Neustadt an der Orla jedoch eine Stunde später als geplant und hatten somit keine Zeit mehr, diese Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Also ab ins Hotel, einchecken, Klamotten ins Zimmer bringen, kurz Kay, Micha und Brian im Foyer begrüßen, schnell was Essen gehen und dann ab in die WoTuFa.
Die WoTuFa befindet sich etwas abgelegen am Ortsrand. Dort angekommen, fiel uns sofort die Ansammlung von Wohnmobilen und Campern auf dem Parkplatz auf. Ringsum formierten sich Gruppen, manche um Feuerschalen versammelt, in einer ausgelassenen und freundlichen Atmosphäre. Diese warme, beinahe familiäre Stimmung zog sich durch das gesamte Event, wobei es den Anschein hatte, als würde jeder jeden kennen. Eine Verbundenheit, die sich auch zwischen Künstlern und Publikum widerspiegelte. Der Saal der Wotufa, einst Speisesaal der Wolltuchfabrik in Neustadt an der Orla, versprüht einen einzigartigen Charme. Von außen mag das Gebäude an eine verlassene Industrieanlage erinnern, doch im Inneren offenbart sich eine ganz besondere Atmosphäre. Viele Besucher haben das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben, beschreiben das Ambiente als urig und kultig - ein Treffpunkt, der Vergangenheit und Gegenwart auf einzigartige Weise verbindet. Die herzliche Gastfreundschaft und das leidenschaftliche Engagement der Betreiberinnen und Betreiber tragen wesentlich dazu bei, dass die Wotufa als echter Geheimtipp gilt.
Der Einlass in den Saal mit seiner großen und tiefen Bühne war für 19:00 Uhr vorgesehen. Doch schon vorher hatten die Besucher die Möglichkeit, den unteren Teil des Gebäudes zu erkunden, wo ein hauseigener Flohmarkt zum Stöbern einlud. Hier konnte man eine Vielzahl von Band- und Festivalplakaten sowie Schallplatten entdecken, ein wahres Paradies für Liebhaber und Sammler musikalischer Erinnerungsstücke.
Osaka Rising
Kurz nach 20:00 Uhr machten sich Stephan Janson und Tom Walther, die beiden kreativen Köpfe hinter Osaka Rising, bereit für ihren Auftritt. Ihr musikalisches Konzept sticht heraus durch seine Einzigartigkeit: Während Stephan Janson die Keyboards virtuos spielt, zeigt Tom Walther am Schlagzeug sein meisterhaftes Können. Sie schaffen es, ohne die typische Unterstützung von E-Gitarren oder Bass, dennoch die Fülle und Dynamik einer gesamten Band zu entfalten. Ein besonderer Pluspunkt für sie ist ihre Herkunft aus Thüringen, was ihnen bei diesem Heimspiel zusätzliches Publikumswohlwollen sicherte. Die Fähigkeit der beiden, das Publikum von den ersten Tönen an zu fesseln, steht außer Frage. Mit dem energiegeladenen "Back in time" eröffneten sie ihr Set und glitten geschmeidig in "Cleopatra" über. Diese ersten Melodien genügten, um die Zuhörerschaft vollständig in ihren Bann zu ziehen.
Die beeindruckende Stimme von Stephan Janson hinterlässt unweigerlich einen bleibenden Eindruck und sorgt für einen regelrechten WOW-Effekt bei den Zuhörern. Nach diesem eindrucksvollen Einstieg wandte sich das Duo mit einer herzlichen Begrüßung an das Neustädter Publikum. Die Musik von Osaka Rising zeichnet sich durch ihre explosive und energiegeladene Art aus. Ein besonderes Highlight ist der Song "Praise the Lord" vom ersten Album, bei dem Janson so intensiv in die Tasten griff, dass der Keyboard-Tisch zu wackeln begann. Ein Moment, in dem die Leidenschaft und Energie der Band besonders spürbar wurde. Danach widmeten sich Stephan Janson und Tom Walther einem ganz wichtigen Stück ihres Repertoires. Als Band, die ihre Karriere als Instrumental-Ensemble begann, haben solche Stücke für sie eine besondere Bedeutung. Dieser Moment unterstrich nicht nur ihre musikalische Vielseitigkeit, sondern auch die Tiefe ihres künstlerischen Ausdrucks.
In ihrem abwechslungsreichen Set nahmen sich Stephan Janson und Tom Walther Zeit, ihre individuellen Talente zur Geltung zu bringen. Beim Stück "Rising" lieferte Tom Walther eine fesselnde Solo-Performance am Schlagzeug, die das Publikum begeisterte. Diese Soloeinlagen zeigen Walthers meisterhaftes Können und seine Fähigkeit, mit Rhythmen und Tempi zu experimentieren, um eine packende Atmosphäre zu schaffen. Im Gegenzug brillierte Stephan Janson bei "Roller Coaster" mit beeindruckenden Keyboard-Improvisationen. Seine Virtuosität und Kreativität am Keyboard führten zu einem musikalischen Erlebnis, das dynamisch und emotional zugleich war. Diese Momente, in denen Janson und Walther im Rampenlicht standen, unterstrichen die Vielseitigkeit und das musikalische Können von Osaka Rising und nahmen das Publikum mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Es schien, als würde sich Stephan Janson mit jedem Stück mehr in eine musikalische Ekstase spielen. Besonders deutlich wurde dies bei "Downtown", einem Stück mit ausgedehnten Instrumentalpassagen, bei dem er das Keyboard erneut zum Beben brachte. Diese Intensität steigerte sich noch beim letzten angekündigten Song "Wild Man", bei dem Janson so energisch spielte, dass er überraschend das Schlagzeug zum Kippen brachte.
Nach dem regulären Set ertönten sofort die Rufe nach einer Zugabe. Doch bevor das angekündigte "klitzekleine Gutenachtlied" "Coming Home" gespielt werden konnte, musste Tom Walther das Schlagzeug wieder aufbauen. Auch bei diesem Stück kamen die instrumentalen Fähigkeiten der Musiker voll zur Geltung und die Instrumente konnten noch einmal glänzen. Doch der Höhepunkt und vielleicht auch das Markenzeichen von Osaka Rising stand am Ende des Konzerts: Besonders für die Neulinge mag es überraschend gekommen sein und für einen Moment des Staunens gesorgt haben. In Siegerpose standen beide am Ende über ihren Instrumenten, wobei Stephan Janson auf dem Keyboard-Tisch stand und dramatisch die Kabel aus seinem Instrument riss. Dieser Schlussakt ließ das Publikum nicht nur staunen, sondern setzte auch einen unvergesslichen Schlusspunkt unter ein energiegeladenes und emotionales Konzerterlebnis. Nach ca. 70min endete ein intensiver Gig, der mit voller Energie gespielt wurde.
Fazit "Osaka Rising":
Mit jedem Lied steigerten sich Janson und Walther in einen Rausch der Begeisterung, balancierten am Rande der totalen Hingabe. Die gegenüberliegende Platzierung von Schlagzeug und Orgel auf der Bühne verstärkte das intensive Zusammenspiel der beiden Musiker, die sich blind verstanden. In einem dynamischen Wechselspiel forderten sich Walther und Janson gegenseitig heraus, trieben sich zu Höchstleistungen an und brachen immer wieder aus dem vorgegebenen Rahmen der Songs aus, sei es durch eine improvisierte Orgelpassage oder ein mitreißendes Schlagzeugsolo. Die Lebendigkeit, mit der Osaka Rising auf der Bühne agierten, machte ihren Auftritt zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Monomann:
Nach einer etwa 30-minütigen Aufräum- und Umbaupause betraten Kay Lutter und seine Mitstreiter Brian Bosse, Michael R. Rhein und Albrecht Steinfort die Bühne. Zusammen als Band namens Monomann, eine fiktive Band aus Kay Lutters Buch "Bluessommer: Eine Geschichte von Freiheit, Liebe und Musik jenseits des Eisernen Vorhangs" (erschienen 2017). Kay bekannt als Bassist der Mittelalter-Rockband In Extremo, ist als Autor des eben erwähnten Buches auch Gründungsmitglied der Band "Monomann". Wer tief in der Szene drin ist, weiß aber auch, dass Kay seinerzeit Bassist bei Freygang war, wo er auch Brian Bosse (Gesang, Gitarre) kennengelernt hat. Als Schlagzeuger werden sie von Albrecht Steinfort und dem Sänger Michael Robert Rhein, ebenfalls Mitglied von In Extremo, der das Quartett mit Gesang und Mundharmonika komplettiert, begleitet.
Das Konzert selbst war eine Hommage an die musikalische Vergangenheit, präsentiert mit einer Auswahl von Songs von Freygang und TON STEINE SCHERBEN, zwei Bands, mit denen sowohl Kay Lutter als auch Brian Bosse in der Vergangenheit künstlerisch verbunden waren. Was ursprünglich eine Lesereise war, entwickelte sich zu einer eindrucksvollen Konzertreihe, die das Publikum nicht nur zu den musikalischen Ursprüngen zurückführte, sondern auch zu einer gemeinsamen Zeitreise in die 80er Jahre einlud und nostalgische Erinnerungen weckte. Lieder wie "Ich, der Blues", "Berlin" und "Haste was, biste was" versetzten die Zuhörer sofort in die DDR-Zeit zurück, während andere Titel wie "Spießer & Denker", "Elbflorenz" und "Steil & Geil" - letzteres Lied wurde vom Publikum begeistert mitgesungen - die nostalgische Stimmung noch verstärkten. Im Anschluss an den ersten Teil des Konzerts gönnten sich die Musiker und das Publikum eine kurze Verschnaufpause. Nach dieser Unterbrechung setzte die Band das Programm mit Stücken wie "Die Verrückten sind in der Stadt" und "Halte durch" fort, wobei besonders Kays Basssolo in "Zwei Bier, zwei Korn" für Begeisterung sorgte.
In den Momenten zwischen "Ich will nicht werden, was mein Alter ist" und "Aus Liebe" ergriff Kay die Chance, sein jüngstes literarisches Werk "Achtopol" vorzustellen. Das Konzert bewegte sich mit den abschließenden Liedern "Alles falsch gemacht", "Eisbeinonkel" und "Mörder" allmählich auf seinen Höhepunkt zu. Nachdem das Publikum lautstark Zugaben gefordert hatte, klang die Veranstaltung mit "Halt dich an deiner Liebe fest" aus, und der Vorhang fiel kurz nach Mitternacht über diese nostalgische musikalische Rückkehr in die 80er Jahre.
Für alle, die den Abend noch nicht ausklingen lassen wollten, bot sich die Möglichkeit, in einer entspannten Umgebung mit den Künstlern zu plaudern, noch ein Bier zu trinken und in den Erinnerungen an die vergangene DDR-Zeit zu schwelgen.
Fazit "Monomann:"
Mit ihrer Musik schaffte Monomann eine beeindruckende Verbindung zwischen der Vergangenheit und der heutigen Zeit, indem sie Lieder zum Besten gaben, die nicht nur für ihre persönliche musikalische Reise von Bedeutung waren, sondern auch eine ganze Ära verkörperten. Ihr Konzert diente als Tribut an die transformative Macht der Musik, die fähig ist, Emotionen zu entfesseln, Gedanken zu provozieren und Erinnerungen an eine vergangene Zeit zu erwecken, die für viele von unschätzbarem Wert ist. Die Auswahl der Lieder war geprägt von einer tiefen Melancholie, einem Geist des Widerstands und einem unerschütterlichen Drang nach Freiheit. Merkmale, die die 80er Jahre in der DDR kennzeichneten. Die Stücke waren nicht nur ein Echo der musikalischen Szene jener Tage, sondern fingen auch die komplexen Emotionen und sozialen Bewegungen ein, die diese Ära definierten. Die Zuschauer verließen das Konzert, emotional berührt von den kraftvollen Melodien und dem rebellischen Geist der turbulenten 80er Jahre, umhüllt von einem Gefühl, das zweifellos noch lange in ihren Seelen widerhallen wird. Der Auftritt von Monomann war daher mehr als nur ein musikalisches Ereignis; es war eine emotionale Expedition, die das Publikum nicht nur mit ihrer eigenen Vergangenheit, sondern auch mit einem gemeinsamen historischen Erbe verband.
Setlist "Osaka Rising":
Intro
Back in Time
Cleopatra
Praise the Lord
John Marston
Neon Lighthouse
Rising
Roller Coaster Ride
Downtown
Wild man
Encore:
Coming Home
Outro
Setlist "Monomann"
Set 1:
Ich, der Blues
Berlin
Haste was, biste was
Plattengott
Bürokratie
Spießer & Dichter
Elbflorenz
Lass uns ein Wunder sein
Salvador
Manchmal frag ich mich
Rette mich
Steil & Geil
Dieser Mond
Set 2:
Die Verrückten sind wieder in der Stadt
Alkohol
Halte durch
Zwei Bier, zwei Korn
Ich will nicht werden was mein Alter ist
Aus Liebe
Alles falsch gemacht
Eisbeinonkel
Mörder
Encore:
Halt dich an deiner Liebe fest (Freygang)
Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos auf der Homepage von Monomann.
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